Kurzzusammenfassung: „To My Sunflower“ geschrieben von Marie Weis behandelt wichtige Themen, denen Gehör verschafft werden sollte und muss. Die Idee ist gut, die Umsetzung leider meiner Meinung nach misslungen.
Ich kann für das Buch keine Empfehlung aussprechen. Genaueres lest ihr in der Rezension. Der erste Teil ist spoilerfrei, der untere Teil enthält genaue Erklärungen, welche auch Spoiler enthalten. (Alles gekennzeichnet!)
- Titel: To My Sunflower
- Autor*in: Marie Weis
- Genre: New Adult
- Verlag: Lago
- Erscheinungsdatum: 19. März 2024
- Seitenanzahl: 320
- Schlagwörter: Selbsthass, Mobbing, toxische Beziehung, Hypochondrie, Kinderbuch, Illustratorin
- Hauptcharaktere: Ophelia & Leo (Ida, Raul, Benny, Nadja)
- Story-Jahreszeit: Frühling (40%), Sommer (45%), Weihnachtszeit (5%)
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Zusammenfassung: To My Sunflower
„Die erfolgreiche Ophelia geht in ihrem Job als Illustratorin voll auf und auch mit ihrem Instagram-Profil @opheliaungeschönt, auf dem sie über Selbstliebe und psychische Erkrankungen aufklärt, hat sie sich einen Namen gemacht. Doch so selbstsicher, wie sie wirkt, ist sie ganz und gar nicht. Besonders in Sachen Liebe hat sie bisher keine Erfahrungen gemacht, was sie zunehmend verunsichert. Als Ophelia die Illustrationen für das neue Buch des Kinderbuchautors Leo gestalten soll und er ungeahnte Gefühle in ihr weckt, wird es Zeit, mutig zu sein und die eigene Komfortzone zu verlassen. Doch nicht nur der Umstand, dass Leo der Exfreund ihrer Chefin ist, erschwert das Ganze, auch ihre Vergangenheit und ihre Probleme mit dem eigenen Körperbild halten sie zurück. Werden sie es trotzdem schaffen, zueinander zu finden?“
Meine Rezension
Diese Rezension fällt mir unheimlich schwer. Ich habe auch mit mir gerungen, wie viele Sterne ich vergeben soll. Am Ende habe ich mich für 3 Sterne entschieden. 3,5 fühlten sich nicht gut an und 2-2,5 auch nicht. Das wäre den Themen nicht gerecht geworden.
An sich ist es ein schönes Buch. Aber … mir persönlich hat die Tiefe gefehlt. Und das trotz der ernsten Themen und den vielen Gedanken, wie wir von Ophelia mitbekommen haben.
Ich habe keine Verbundenheit zu den Charakteren empfunden. Weder zu Leo, noch zu Ophelia. Beide waren nicht greifbar. Meiner Meinung nach fehlten die kleinen Details, die eine Romanfigur „echt“ wirken lassen. Charakterzüge, Verhaltensweisen, Vorlieben, …
Die Thematiken waren mir auch einfach „too much“. Ich habe selbst Depressionen und hatte mit Mobbing in der Schulzeit zu tun, dessen Auswirkungen mich noch heute beschäftigen. Ophelia’s Gedanken haben mich sehr heruntergezogen und sie waren schwer auszuhalten. Ich konnte sie auch in dem Ausmaß nicht nachvollziehen. Im Gegenteil. Ich hatte eher das Gefühl, dass es nicht okay sei, dass ich mich schlecht fühle, da es ihr ja viel schlechter geht mit dem was sie erlebt hat. Den Gedanken habe ich schnell versucht zu eliminieren, aber das sollte ein Buch nicht in mir auslösen.
Das Ende fand ich überhaupt nicht überzeugend. Es ging zu schnell. Genaueres erkläre ich weiter unten, denn hier sollen sich keine Spoiler verstecken.
An vielen Stellen war die Story meiner Meinung nach nicht richtig ausgearbeitet. Ebenso die Charaktere. Ich hatte viele Momente, in denen ich ein großes Fragezeichen im Kopf hatte, weil ich die Situation nicht nachvollziehen konnte. Leo’s Geschichte kommt viel zu kurz. Seine Beziehung mit Nadja hätte nochmal besser erklärt werden müssen. Das blieb alles an der Oberfläche.
Etwas positives: Der Schreibstil. Marie Weis hat eine wundervolle Art zu schreiben. Ich habe das Buch schnell durchgelesen, obwohl mich der Inhalt nicht gefesselt hat. Andere Bücher hätte ich weggelegt, aber Marie schaffte es dennoch, dass ich ihre Worte weiterlesen wollte.
Noch etwas positives: Das Kinderbuch! Wie zuckersüß ist diese Idee denn bitte??? 🪿
Weiter unten erweitere ich die Rezension mit klareren Worten und Beispielen, diese enthalten aber Spoiler. Daher beende ich die spoilerfreie Rezension nun und muss leider sagen, ich kann keine Leseempfehlung für „To My Sunflower“ aussprechen. Es tut mir im Herzen weh, denn solche Themen haben Gehör verdient. Aber auch mehr Ausarbeitung.
Noch etwas: Wieso hat dieses Buch keine Triggerwarnung!???
Triggerwarnung: Mobbing, Selbsthass, Depressionen, toxische Beziehung / Gaslighting, Hypochondrie.
Achtung, Spoiler!
Das Ende… ja, es ist ja schön und gut, dass Ophelia nun eine Therapie macht und die Therapeutin ihr sagt, sie mache gute Fortschritte. Es wäre der Story und dem gesamten Thema gerecht geworden, wäre dies ausgeführt worden. Wie haben sich die Gedanken denn verändert? Wo gibt es Verbesserungen? Die Leser wurden kein einziges Mal davon in Kenntnis gesetzt. Die Szene mit der Mütze hätte man ausbauen können… aber im Endeffekt weiß ich jetzt nicht, welche Fortschritte Ophelia gemacht hat. Auch Leo nicht. Das hätte dem Buch gutgetan. Dass auch drüber gesprochen wird, wie die Verbesserung aussieht. Das würde Betroffenen helfen. „So könnte ich mich fühlen, wenn ich mir helfen lasse.“
Auch haben Leo und Ophelia überhaupt nicht miteinander gesprochen. Es sind sechs Monate vergangen und aus eigener Erfahrung kann ich sagen, wie verändernd eine Therapie ist. Sie sind nicht mehr dieselben Menschen. Dann direkt übereinander herzufallen ist utopisch. Da muss erst Nähe wiederaufgebaut werden. Leo zum Beispiel weiß ja gar nicht, dass Ophelia eine Therapie macht… es hätte auch sein können, dass sie immer noch auf einen Therapieplatz wartet. Wie kann es außerdem sein, dass Ida über 6 Monate (im Frühling waren es ja bereits 4 Monate) auf eine Therapie warten musste, sie dann aber zusammen mit Ophelia einen Platz bekommen hat und Leo gleichzeitig anscheinend auch!? Das ist weit weg von der Realität. Zumindest ist es kein Regelfall. Wenn in einem Buch schon über solch wichtige und ernst Themen gesprochen wird, sollte keine falsche Illusion gemalt werden.
Ein Instagram-Beitrag von Ophelia hätte hier Klarheit schaffen können. Ich vermute, sie hat dort über ihre Therapie-Fortschritte berichtet und Leo hat den Account weiterhin verfolgt. Aber wissen tue ich das natürlich nicht. Diese Information fehlt gänzlich.
Leo’s Geschichte bekam zu wenig Raum und Informationen. Nadja ruft ihn an, weil sie ihn vermisst, und er rennt aus Ophelia’s Wohnung!? Wie haben die beiden Schluss gemacht? Wie lange war es überhaupt her? Sie haben immerhin zusammen gewohnt. Mal kam es rüber, als sei dies zwei Wochen her, es könnten aber auch zwei Jahre gewesen sein…
Dass gegen Ende aus dem einen Mobbing-Beitrag auf einmal 100.000 Abonnenten, hunderte Job-Anfragen und ein florierender Etsy-Shop werden, halte ich persönlich für etwas übertrieben. Nach kurzer Zeit stellte Ophelia eine Nebenjobberin ein … und wo? Wo ist das Lager? In ihrer kleinen Wohnung? Der Etsy-Shop ist drei Monate alt. Das ist kleinkariert, aber ich bin selbst selbstständig tätig und weiß, dass Ophelia niemals so schnell eine Gewerbeanmeldung und eine Steuernummer erhält – die notwendig ist, um jemanden einzustellen.
Was ich leider auch loswerden muss ist die Tatsache, dass meiner Meinung nach vieles zu verschönt dargestellt wurde. Ophelia hat sie liebende und unterstützende Eltern, drei fantastische Freunde (Ida, Raul, Benny), einen Freundeskreis (mit Rauls und Benny Partner*innen) und ihre beste Freundin nebenan wohnen. Alle verstehen sie, helfen ihr, kümmern sich um sie. Das mag es sicherlich geben, aber seien wir mal ehrlich – wie oft existiert sowas? Wie oft werden psychisch-kranke Menschen allein gelassen? Wie oft erhalten sie Unverständnis von ihrem Umfeld für ihre Gedanken und ihre Situation? Bei aller Liebe … dieses Bild, welcher hier vermittelt wird, ist unrealistisch! Es wird Ausnahmen geben, natürlich. Und diese Menschen haben es wirklich, wirklich gut. Aber lasst uns bitte alle nicht vergessen, dass dies nicht die Norm ist, obwohl sie es sein sollte.
Was mich so stört, ist, dass das Buch realistische psychische Probleme darstellen will, aufklären will und dann nebenbei unrealistischen Handlungsstränge mit einbaut. Das macht es unauthentisch. Das ist auch der Grund, warum ich auf den – meiner Meinung nach – teils unrealistischen Handlungssträngen (wie den Shop, das Ende, etc.) so rumreite.
Habt ihr „To My Sunflower“ bereits gelesen? Wie fandet ihr es? Wie viel Sterne würdet ihr vergeben?
Lasst mir gerne eure Meinung in den Kommentaren da ❤️
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